Triumph Bonneville

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    • Triumph Bonneville

      Gestern fuhr ich mit meinen Tiger nach Regensburg zum Kundendienst. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen die kulturellen Höhepunkte des Ortes zu besichtigen.
      Die Jungs in der Werkstatt waren allerdings anderer Ansicht. Sie meinten, dass wenn sie sich schon die Finger schmutzig machen, ich im Gegenzug einen ihrer Vorführer einfahren könnte. So drücken Sie mir die Schlüssel für eine funkelnde nagelneue Triumph Bonneville in die Finger. Zugegeben, die Streety oder die Speedy wäre mir eigentlich lieber gewesen. Aber man zu einem Tag gemächlich durch die Gegend gleiten, die Landschaft genießen, den beginnenden Frühling in sich aufzusaugen hat auch seinen Charme.
      Glücklicherweise hatte ich schon Vorerfahrung mit diesem Fahrzeug und ich suchte gleich Zündschloss auf der linken Seite Scheinwerfers. So blieb mir diese Blamage erspart. Obwohl es an Einspritzer ist, verfügt das optisch antiquierte Gerät noch immer über einen Choke. Dieser befindet sich auf der linken Seite des Vergasers. Aber ansonsten nur modernste Technik. Ich sagte gerade Vergaser, in Wahrheit handelt es sich lediglich um eine Attrappe. Im Inneren dieses nostalgisch anmutenden Maschinenteils befindet sich eine moderne Einspritzeranlage.
      Nach einem Druck aufs Köpfchen schnurrte das Maschinchen brav und akustisch zurückhaltend. Da hätte ich mir eigentlich mehr erwartet. Es ist schon recht leise. So zumindest im Stand. Aber erstmal fahren. Doch vor dem fahren sie das Platz nehmen. Also hurtig das Bein über die Sitzbank geworfen und mich erstmal gewundert, wie tief ich meinen Popo noch senken muss, bevor die Beine entlastet sind. Doch ein sehr niedriges Gefährt. Ich schätze mal das ist für Frauen gemacht. Dennoch, der Beinwinkel war auch für mich nicht anstrengend, sondern hatte eher sportlichen Charakter, wenn der Fuß auf der Raste stand.
      Genug geschwatzt - losgefahren. Das Gerät hing sauber am Gas und setzte jede Bewegung des Gasgriffs im direkten Schub um. Natürlich handelt es sich bei 68 PS nicht um eine Rakete. Aber um zügig im Verkehr mit zu schwimmen reicht es alle Mal. Zumal ich die Maschine kaum über 4000 Umdrehungen gedreht habe. Ich hat halt doch ein wenig Respekt vor dem Material, zeigte der Kilometerzähler bei Abfahrt doch lediglich 30 km an. Man muss nicht alles kaputtmachen, was einem nicht gehört.
      Also zockelte ich erstmal zum Stadtrand von Regensburg, als mich eine gut integrierte LED daraufhin wies, dass demnächst der Spritze Neige gehen würde. Das Ding ist wirklich unscheinbar und stört in keinster Weise das klassische Bild des Motorrads. Wo wir gerade beim klassisch sind: das Gerät sieht wirklich so aus, als sei es in den Siebzigern eingemottet und gerade eben erst aus seinem Dornröschenschlaf wach geküsst worden. Ein Motor, der ohne 1000 Schläuche und ohne wilde Verkabelung auskommt, eine klassisch gerade geführte Auspuffanlage, sie Sozius Rasten so angeordnet, dass die Sozia sich nicht mit den Knien die Ohren zuhalten muss. Ein ehrliches Moped mit Tropfentank und Flakscheinwerfer, jeder Menge Chrom und Blinkern, die nicht wackeln, sondern an festen Auslegern montiert sind.
      So wie ich das Fahrzeug bislang geschrieben habe, tendiert man eigentlich dazu, es in eine Vitrine zu stellen um sich am Anblick dieses modernen Oldtimers zu erfreuen.
      Aber man kann auch fahren damit. Nachdem ich also weitere 9 l des teueren Nass gebunkert hatte, ging es hinaus auf die Landstraße. Noch immer hing der Motor seidenweich am Gas und erlaubte es auch Einfahrmodus die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen auszureizen. Na gut, ich glaub das kann jedes Motorrad. Dass eine etwas schneller, das andere etwas langsamer. Aber irgendwann, da war ich mir in dieser Gegend ziemlich sicher, würden auch Kurven kommen. Und da entscheidet sich, ob man ein Mopped mag, oder ob man schnurstracks den Eisenhaufen wieder beim Händler abgibt.
      Naja, was soll ich sagen.... 10 km später entschied ich mich, weitere 150 zu fahren. Klar, ist es kein Rennmoped mit messerscharfem Feedback und nie, wirklich nie würde ich versuchen damit mit dem Knie die noch mögliche Schräglage auszuloten. Aber klassisch schräg ums Eck zu pfeifen, wie auf einer alten Four nur ohne Wackeln des Fahrwerks ist wunderbar möglich. Sollte in irgendeiner Testzeischrift was von zuwenig Schräglagenfreiheit stehen - einfach ignorieren, weil Quatsch! Wer sich für so was entscheidet, fährt nicht wie Rossi und ziemlich schräg funktioniert auch, ohne dass die noch einklappbaren Fussrasten den Boden berühren.
      In einer uneinsichtigen und motiviert angegangenen Rechtskurve durfte ich das Brems- und Aufstellverhalten der Bonni testen. Seit Minuten hatte ich kein Haus, kein Fahrzeug mehr gesehen und plötzlich fuhr ein nahezu stehender Strassenreinigungslaster auf meiner Fahrbahnseite. Löblich, wie auch auf dem freien Land für einen tadellosen Zustand der Strassen gesorgt wird. Aber musste es in einer Kurve sein, in der ich mit dem rechten Stiefel vorsichtig ertastete, wieviel Abstand noch zur Strasse ist, bevor ich das neue Material durch Reibung in einen anderen Aggregatszustand versetze? Egal, ein Bremstest stand ohnehin noch im Testprozedere aus. Gut, ABS haben wir zwar nicht, aber ich bezweifle nach wie vor, dass mir dies in Schräglage deutliche Vorteile bringen würde. Ich hab da so schwache Erinnerungen an meinen Physik Unterricht. Aber ich konnte dieses handliche Fahrzeug ohne Mühe auf meiner Spur halten, die Aufstellkräfte hielten sich in Grenzen und die einzelne vordere Bremscheibe war keineswegs überfordert, das 200kg schwere Gerät plus menschlichen Ballast auf eine situationsgerechte Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Schweissperlen auf meiner Stirn hielten sich auch in Grenzen. Also über die Bremsen muss man auch nicht klagen.
      Wo wir gerade bei Kurven sind: die Bonni lässt sich locker und leicht von einem Eck ins andere schmeißen. Fast schon wie ein Kleinwagen mit Servolenkung. Ein wenig indirekt, aber sehr einfach. Dadurch kommt es halt immer mal wieder vor, dass man die angepeilte Linie verlässt, weil ein wenig die Stabilität oder Stoität von einem Dickschiff fehlt.Ein klein wenig noch am Lenker gezuckt und spontan wird diese Bewegung in Richtungsänderung umgesetzt. Das mag ein wenig ungewohnt sein, aber letztlich ist es ja das, was man mit Handlichkeit umschreibt.
      Nach rund 200km mit der Bonni muss ich sagen, dass es ein tolles Mopped ist. Sicherlich ungeeignet, um mit den organspendenden Freunden um die letzten Zehntel zu fighten, aber genau das was der StVo konforme Bürger braucht, um mal gemütlich einen Sonntagnachmittag über Land zu gondeln. Untermalt vom Schnurren des Paralleltwin, der dann noch herrlich, wenn auch dezent blubbert, wenn man das Gas zu macht und in den Schiebebetrieb übergeht. Ein Fahrzeuggewicht, welches den Fahrer nicht überfordert. Schön handlich und mit ausreichend Bremsleistung ausgestattet um die Fuhre sicher wieder zum stehen zu bekommen.
      Und sind wir mal ehrlich... Wann nutzen wir schon unsere 100 + x Pferde? Die gebotenen 68 reichten mir auf der Tour völlig. Gut, ich hatte auch niemandem dabei, dem ich was beweisen musste und mir kam auch kein Opfer in die Quere. Aber ich bin ja auch ein hirnloser Raser, wie die anderen so sagen....
      Gruss, Floh

      Siegen, stürzen oder Defekt vortäuschen - kann ich!

      It's not the speed that kills. It's the sudden stop.