nicht, dass die Tiger kein tolles Mopped wäre. Der Motor ist idiotensicher, man sitzt bequem und man kann mit dem Ding eigentlich alles machen: Entspannt durch die Gegend kullern, Gepäck für die große Reise laden, Supersportler jagen und bei untalentierten Piloten sogar gewinnen.
Aber bei der Hatz störte mich die etwas inaktive Sitzposition.
Ich interessierte mich für was Neues. Was mit aktiver Sitzposition, wenn möglich mit ABS, sollte schick verarbeitet sein und einfach Spaß machen.
Meine heimliche Liebe hatte zwar kein ABS, aber sonst alles was ich cool finde. Hochwertige Komponenten, schickes Design und einen Motor mit richtig Dampf. Leider hat Morini aber Insolvenz angemeldet.
Aber vielleicht besser so. Man sagt ja: "Hüte dich vor Sturm und Wind und Motorrädern die aus Italien sind."
Was gibt es denn sonst noch so?
Fazer - Sitzposition fand ich nicht so toll und der Auspuff geht ja mal gar nicht. Aber immerhin Legasthenikerbremse.
CB1000R - schick, ausgereifte Honda Technik, aber leider ein Fahrwerk, das man vor Inbetriebnahme schon mal austauschen kann.
Z1000 - wenn das was der Reitwagen darüber so schreibt, dann ist das der Kettenhund schlechthin. ABS gibt es auch und wo sonst bekommt man einen Schlangenledersattel?
Speed Triple - das Ding gewinnt seit Jahren jeden Vergleich. Zwar kein ABS, aber einen Motor, der aus eigener Erfahrung über jeden Zweifel erhaben ist.
Und irgendwann hab ich mal festgestellt, dass einem Aprilias Thunfisch (Tuono) geradezu nachgeworfen wird. Dann hab ich einige Tests gelesen, in den Markenforen nach üblichen Problemen gesucht und festgestellt, dass es reihenweise Aprilias mit diesem Rotax Motor gibt, welche Laufleistungen mit deutlich über 50tkm aufweisen. Also eigentlich ganz interessant.
Aber da war ja noch der Kettenhund.
Zufällig gibt es bei uns einen Händler, der neben Aprilia auch Kawas vertreibt.
Also bin ich da mal mit der Tiger hingefahren und habe nach einer bzw. zwei Probefahrten gefragt.
Die Z1000 stand schon fahrbereit da, eine nagelneue Tuono mit 0km wollte er mir mit roter Nummer zur Verfügung stellen.
Bei der Tuono handelte es sich leider um die Standard Variante. Als Factory verfügt sie über ein voll einstellbares Öhlins Fahrwerk, ein wenig Carbon Schnickschnack und geschmiedete Magnesium Felgen. Also was echt edles.
Aber zunächst bekam ich den Kettenhund an die Hand. Bei der ersten Besichtigung fielen mir schicke Sachen wie die Extender Kettenspanner auf, wie auch komische Lösungen. Das Schloss für die Sitzbank war von unten zu betätigen, das Zündschloss befindet sich am Tank in einer Mulde. Der Tank an sich ist recht kurz, was wohl eine Befestigung eines Tankrucksackes - der zugegebener Maßen nicht cool aussieht, aber ungemein praktisch ist - deutlich erschwert.
Genug geguckt - so ein Kettenhund will bewegt werden. Also erst mal zögerlich anrollen, schließlich ist der Motor kalt und wenn man keine Ahnung hat, wie diese rund 140 Gäule zwischen den Beinen agieren...
Was aber auf den ersten Metern schon auffiel: So ein 190er Hinterreifen ist nicht auf Agilität ausgelegt. Anfangs wird noch ein Hauch von Willigkeit gezeigt, aber so richtig spontan will das Gerät nicht abwinkeln.
Nach einigen Kilometern wagte ich mich mal an die Bremse. Irgendwie schon lässig, wenn man völlig verblödet in die Eisen langen kann, der Vorderreifen immer mal wieder blockiert, man aber trotzdem nicht auf die Nase fällt. Hat was.
Noch voll des Adrenalins ob dieser Bremsaktion, rutschte mir bei leichtem Beschleunigen im 2.Gang auf der nächsten Geraden der Gasgriff aus. Herzhaftes Nachfassen quittierte der Kettenhund gleich mal mit einem steigendem Vorderrad. Ok, das kann er also auch.
Wirklich erstaunlich, wie dieses Triebwerk an der schmalen Kette reißt. Bis 6tUmin kräftig, danach werden die Arme richtig lang. Untermalt wird das von einem derart geilen Ansauggeräusch, dass man neben der Straßenverkehrsordnung glatt die hässliche Auspuffanlage vergißt. Dieses Geräusch macht süchtig. Man will gar nicht mehr dahingleiten, sondern immer und immer wieder den Kick der Beschleunigung in Kombination mit diesem Schlürfgeräusch erleben.
Nur in die Kurven will der Kettenhund nicht wirklich. Liegt es nur am 190er? Sollte man das Fahrwerk erst mal den Gegebenheiten anpassen? Könnte ein anderer Lenker - der originale ist doch recht schmal - Abhilfe schaffen?
Nach rund 70km - ich durfte tatsächlich 1,5h dieses Fahrzeug testen - kam ich zurück zum Händler.
Die Tuono stand schon mit roter Nummer zum Einsatz bereit. Die Verarbeitung ist wirklich hübsch. Wo man hinguckt liebevolle Details. Seien es die per Extender einstellbaren Fußschalt- und Fußbremshebel, der vom Lenker aus bedienbare Bordcomputer, die Auspuffanlage oder der konifizierte Lenker. Der Händler wies mich noch darauf hin, dass ich nicht den Antritt der Kawa zu erwarten hätte, was an der zu langen Übersetzung läge. Unter der Sitzbank befände sich ein Ritzel mit einem Zahn weniger. Ich nehme an, mit einer Übersetzung wie sich die Aprilia Techniker das vorgestellt hatten, ließ sich keine Geräuschmessung bestehen.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass bei 6tUmin eine rote Lampe im Cockpit wild das blinken anfängt. Das sei der Schaltblitz und sei auf den ersten 1000km zu Einfahrzwecken auf diesen Wert eingestellt. Auf mein Nachfragen, wie ich denn dann den Motor beurteilen solle, meinte der Freundliche, dass dies heute nicht mehr nötig sei. Hauptsache der Motor sei warm. Mal kurz hochdrehen, mache dem Motor nichts.
Die ersten Kilometer fuhr ich recht verhalten. Stellte allerdings schon fest, dass Richtungswechsel tendentiell williger verarbeitet wurden als beim Kettenhund.
In der nächsten Ortschaft kündigte ich meinen Willen abzubiegen zunächst mal mit der Hupe an. Was war das denn? Ein Blick auf die Armatur zeigte mir, dass die verspielten Italiener Hupe und Blinker vertauscht hatten. Hupe in der Mitte, Blinker unten. In Italien werden eben Prioritäten gesetzt.
Ich fuhr die gleiche Strecke wie mit der Kawa. Eigentlich die gleiche Strecke wie sonst auch immer. Hausstrecke eben. Man kennt da jede Kurve, weiß vorher schon mit welchem Kurvenspeed man theoretisch in den Winkel stechen könnte und dennoch ist man mit eienm fremden Fahrzeug etwas verhaltener. Die 1000€ Selbstbeteiligung spielen dabei eigentlich eine untergeordnete Rolle, schließlich wären die Kosten beim eigenen Krad in der Regel höher.
Im Vergleich mit dem Kettenhund ging die Tonne deutlich zielgenauer und nicht so "gautschig" durch die Kurven. Sehr direkt. Und nach kurzer Zeit nahm ich die Kurven mit der Tonne fast so wie mit dem gewöhnten Tiger. Das Fahrwerk und die Rückmeldung waren dabei aber wesentlich präziser als mit der Tiger, welche bereits mit einem Wilbers Fahrwerk ausgestattet war. Also vielleicht doch keine Factory? Schließlich ist es nie schlecht, noch Steigerungsmöglichkeiten zu haben.
Mittlerweile war der Motor auch auf einer Temperatur, dass man ihm die Sporen geben konnte. Natürlich nicht zum Begrenzer, aber so bis 8-9tUmin hab ich mich schon getraut. Sagen wir es mal so: Es ist definitiv nicht rekordverdächtig was da in Vortrieb umgesetzt wird. Bis 2500Umin eher unwillig, bis 4000Umin fahrbar, bis 6000Umin Tourentempo und ab da fängt die Sache an Spaß zu machen. Irgendwie eine 600er mit zuviel Hubraum. Dafür aber gesegnet mit einem äußerst ansprechendem Motorengeräusch. Es ist nicht so, dass die Tonno eine lahme Ente ist, aber um zügig voranzukommen braucht es Drehzahl. Und schließlich darf man bis 11tUmin wenn das Ding erst mal eingefahren ist.
Im Hinterkopf hatte ich sicherlich auch noch das unter der Sitzbank liegende Ritzel. Da geht noch was
Im Gegensatz zur Z gibt es beim Thunfisch keine Stotterbremse. Dafür edles Material von Brembo. Da ich seit 20 Jahren diese elektronischen Eingriffe eher selten vermisst habe und schon gar nicht deshalb runtergefallen bin, hab ich diese Edelstopper natürlich auch mal probiert.
Was soll ich sagen? Präzise! Diese Dinger funktionieren einfach so, wie ich das von einer Bremse erwarte. Willig zupackend, heftig reduzierend, exakt zu bedienen. Da hinkt die Kawa deutlich hinterher. Bei dieser ist alles - ausser dem Gas - ein wenig teigig. So auch bei der Bremse. Aber sie kann stottern.
Auch die Tonne bewegte ich 70km. 70km die mich zwischen "HabenWill" und "wenn der Motor nicht wär" schwanken ließen. Der Triumph Triple ist in dieser Beziehung deutlich ausgewogener und auch die Kawa Techniker schienen ihre Hausaufgaben besser gemacht zu haben. Aber dieses Handling...
Auf der anderen Seite... wenn man dem alten Rotax so richtig einschenkte ging da schon was. Vielleicht war ich das einfach nicht gewohnt.
Die Sitzposition wurde in vielen Tests bei der Tuono kritisiert. Der Kniewinkel sei zu spitz, zu sportlich.
Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Für meine 180cm war das exakt passend. Sofort fühlte ich mich auf der Kiste daheim. Bei der Kawa hingegen hatte ich nach 5km bereits einen Krampf im Oberschenkel.
Irgendwie war mir klar, dass die Probefahrt auf der Tuono damit noch nicht beendet sein konnte. Ich musste noch wissen, wie sie sich in der Bergwertung verhält. Wie Kehren genommen werden können, ob die Anti Hopping Kupplung funktioniert.
Wirkt sich die kürzere Übersetzung wirklich positiv aus? Ist dieser dünne Sitz eigentlich tourentauglich?
Die Hoffnung, den Händler davon zu überzeugen, dass er mir die Tonne für einen ausgiebigen Test in den Alpen zur Verfügung stellt, wollte in mir einfach nicht aufkeimen. Aber hätte er es getan, hätte ich sie trotzdem gekauft. Die anderen Alternativen wie Honda und Co wurden gar nicht mehr unter die Lupe genommen.
Der Preis für den Thunfisch war deutlich unter dem Listenpreis und nach kurzen Verhandlungen waren wir uns einig.
Fünf Tage nach der Übergabe durfte ich das erste mal meinen Fischhändler aufsuchen. Der erste Kundendienst war fällig.
Weitere 4 Tage später wurde der Test fortgesetzt und es ging in die Alpen.
Viele Erfahrungen während der Probefahrt konnte ich bestätigen. Das Fahrwerk ist excellent. Gut, der Wolfers hätte bestimmt was zum lästern und würde Umbaumaßnahmen einleiten. Aber nicht weil es nötig ist, sondern einfach seine Art.
Der 190er funktioniert hervorragend, solange die Kurven nicht zu eng sind. Sind sie dies, hat man einen störrischen Esel unter sich, der ums Verrecken nicht ums Eck will. Aber glücklicherweise ist auch ein 180er auf der 6 Zoll Felge freigegeben. Ohne Reifenbindung versteht sich. Auf weiteren Passagen hingegen, zeigte der Thunfisch, dass er eigentlich ein Supersportler mit hohem Lenker ist, dem die Verkleidung geklaut wurde.
Mendel bergab ging es durch die Kehren, dass man glauben konnte, die Schräglage sei lediglich durch die Ohrläppchen begrenzt. Das alles mit einer ausgesprochenen Selbstverständlichkeit. Übermütige Attacken auf den kurzen Geraden konnten die oben genannten Brembos wieder wirkungsvoll in den Griff bekommen und das alles ohne irgendwelche Unruhen in das Fahrwerk zu bringen.
Mittlerweile schon mit dem Sitzbank Ritzel unterwegs, stellte ich fest, dass die Tonne auch von ganz alleine auf die Hinterhand geht beim Gasgeben. So schwach ist der Motor also nicht. Ab 8tUmin wird noch mal ein deutliches Pfund aufgelegt. Irgendwie müssen ja die Testwerte zustande kommen, dass der Tuono auf den ersten Metern alle davon fahren, sie aber zeitgleich über die Linie geht.
Und damit der Lenker dabei nicht dämlich rumzappelt wenn das Vorderrad in der Luft ist, wurde unter der Lampenmaske noch ein Lenkungsdämpfer verbaut.
Allerdings ist auch so die Übersetzung noch recht lang. Eben wegen der Motorcharakteristik, dass unter 4tUmin nicht viel - eigentlich nichts - geht. Kehren im 2.Gang sind nur dann zu machen, wenn sie entweder bergab links oder besonders weit sind. Am besten beides.
Also 1.Gang in Kehren. Und hier findet man so eine AntiHüpfKupplung dann richtig gut. Zwischengas, runter schalten, Kupplung schnalzen lassen. Was bei bisherigen Krädern immer deutliches Mißfallen erzeugte, woraus blockierende Hinterräder, verhagelte Linie und ähnliches resultierte, interessiert den Thunfisch gar nicht. Einfach anbremsen, Zwischengas, Gang reinballern, umlegen und dann -verhalten- im Scheitel wieder feuern.
Zugegeben, es ist deutlich stressiger als mit einem drehmomentstarken Mopped, aber es macht auch Spaß. Zumal im Einser auch tatsächlich was passiert.
Die Sitzposition ist gar nicht übel. Mittlerweile gab es Tagesetappen von knapp über 700km und ich kann danach noch ohne zu Hilfenahme eines Krans absteigen. Dass es derart bequem ist, hätte ich nicht erwartet. Da kann sich so mancher Tourer eine Scheibe abschneiden.
Den störrischen Esel konnte ich wirkungsvoll durch den Einsatz eines 180ers beseitigen. Seitdem fährt sie sich annähernd wie ein Fahrrad.
Die Speedy bin ich inzwischen zwar auch mal gefahren, will sie aber nicht in den Vergleich mit einbeziehen.
Der Motor wirkte zugeschnürt, auf einer Autobahnetappe erreichte ich von 160 auf 3km Vollgas gerade mal 216. Da ist der Tiger spritziger. Und auch das Fahrwerk wirkte inhomogen. Erst unwillig, um dann umso gieriger in die Kurve zu fallen. Alles (Un)Tugenden, welche dem Thunfisch fremd sind. Aber ich denke, ich habe einfach nur ein schlechtes Modell erwischt. Denn so wie mein Vorführer kann kein ständiger Testsieger sein.
Und hier noch ein Test von einem anderen Tester.
Aber bei der Hatz störte mich die etwas inaktive Sitzposition.
Ich interessierte mich für was Neues. Was mit aktiver Sitzposition, wenn möglich mit ABS, sollte schick verarbeitet sein und einfach Spaß machen.
Meine heimliche Liebe hatte zwar kein ABS, aber sonst alles was ich cool finde. Hochwertige Komponenten, schickes Design und einen Motor mit richtig Dampf. Leider hat Morini aber Insolvenz angemeldet.
Aber vielleicht besser so. Man sagt ja: "Hüte dich vor Sturm und Wind und Motorrädern die aus Italien sind."
Was gibt es denn sonst noch so?
Fazer - Sitzposition fand ich nicht so toll und der Auspuff geht ja mal gar nicht. Aber immerhin Legasthenikerbremse.
CB1000R - schick, ausgereifte Honda Technik, aber leider ein Fahrwerk, das man vor Inbetriebnahme schon mal austauschen kann.
Z1000 - wenn das was der Reitwagen darüber so schreibt, dann ist das der Kettenhund schlechthin. ABS gibt es auch und wo sonst bekommt man einen Schlangenledersattel?
Speed Triple - das Ding gewinnt seit Jahren jeden Vergleich. Zwar kein ABS, aber einen Motor, der aus eigener Erfahrung über jeden Zweifel erhaben ist.
Und irgendwann hab ich mal festgestellt, dass einem Aprilias Thunfisch (Tuono) geradezu nachgeworfen wird. Dann hab ich einige Tests gelesen, in den Markenforen nach üblichen Problemen gesucht und festgestellt, dass es reihenweise Aprilias mit diesem Rotax Motor gibt, welche Laufleistungen mit deutlich über 50tkm aufweisen. Also eigentlich ganz interessant.
Aber da war ja noch der Kettenhund.
Zufällig gibt es bei uns einen Händler, der neben Aprilia auch Kawas vertreibt.
Also bin ich da mal mit der Tiger hingefahren und habe nach einer bzw. zwei Probefahrten gefragt.
Die Z1000 stand schon fahrbereit da, eine nagelneue Tuono mit 0km wollte er mir mit roter Nummer zur Verfügung stellen.
Bei der Tuono handelte es sich leider um die Standard Variante. Als Factory verfügt sie über ein voll einstellbares Öhlins Fahrwerk, ein wenig Carbon Schnickschnack und geschmiedete Magnesium Felgen. Also was echt edles.
Aber zunächst bekam ich den Kettenhund an die Hand. Bei der ersten Besichtigung fielen mir schicke Sachen wie die Extender Kettenspanner auf, wie auch komische Lösungen. Das Schloss für die Sitzbank war von unten zu betätigen, das Zündschloss befindet sich am Tank in einer Mulde. Der Tank an sich ist recht kurz, was wohl eine Befestigung eines Tankrucksackes - der zugegebener Maßen nicht cool aussieht, aber ungemein praktisch ist - deutlich erschwert.
Genug geguckt - so ein Kettenhund will bewegt werden. Also erst mal zögerlich anrollen, schließlich ist der Motor kalt und wenn man keine Ahnung hat, wie diese rund 140 Gäule zwischen den Beinen agieren...
Was aber auf den ersten Metern schon auffiel: So ein 190er Hinterreifen ist nicht auf Agilität ausgelegt. Anfangs wird noch ein Hauch von Willigkeit gezeigt, aber so richtig spontan will das Gerät nicht abwinkeln.
Nach einigen Kilometern wagte ich mich mal an die Bremse. Irgendwie schon lässig, wenn man völlig verblödet in die Eisen langen kann, der Vorderreifen immer mal wieder blockiert, man aber trotzdem nicht auf die Nase fällt. Hat was.
Noch voll des Adrenalins ob dieser Bremsaktion, rutschte mir bei leichtem Beschleunigen im 2.Gang auf der nächsten Geraden der Gasgriff aus. Herzhaftes Nachfassen quittierte der Kettenhund gleich mal mit einem steigendem Vorderrad. Ok, das kann er also auch.
Wirklich erstaunlich, wie dieses Triebwerk an der schmalen Kette reißt. Bis 6tUmin kräftig, danach werden die Arme richtig lang. Untermalt wird das von einem derart geilen Ansauggeräusch, dass man neben der Straßenverkehrsordnung glatt die hässliche Auspuffanlage vergißt. Dieses Geräusch macht süchtig. Man will gar nicht mehr dahingleiten, sondern immer und immer wieder den Kick der Beschleunigung in Kombination mit diesem Schlürfgeräusch erleben.
Nur in die Kurven will der Kettenhund nicht wirklich. Liegt es nur am 190er? Sollte man das Fahrwerk erst mal den Gegebenheiten anpassen? Könnte ein anderer Lenker - der originale ist doch recht schmal - Abhilfe schaffen?
Nach rund 70km - ich durfte tatsächlich 1,5h dieses Fahrzeug testen - kam ich zurück zum Händler.
Die Tuono stand schon mit roter Nummer zum Einsatz bereit. Die Verarbeitung ist wirklich hübsch. Wo man hinguckt liebevolle Details. Seien es die per Extender einstellbaren Fußschalt- und Fußbremshebel, der vom Lenker aus bedienbare Bordcomputer, die Auspuffanlage oder der konifizierte Lenker. Der Händler wies mich noch darauf hin, dass ich nicht den Antritt der Kawa zu erwarten hätte, was an der zu langen Übersetzung läge. Unter der Sitzbank befände sich ein Ritzel mit einem Zahn weniger. Ich nehme an, mit einer Übersetzung wie sich die Aprilia Techniker das vorgestellt hatten, ließ sich keine Geräuschmessung bestehen.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass bei 6tUmin eine rote Lampe im Cockpit wild das blinken anfängt. Das sei der Schaltblitz und sei auf den ersten 1000km zu Einfahrzwecken auf diesen Wert eingestellt. Auf mein Nachfragen, wie ich denn dann den Motor beurteilen solle, meinte der Freundliche, dass dies heute nicht mehr nötig sei. Hauptsache der Motor sei warm. Mal kurz hochdrehen, mache dem Motor nichts.
Die ersten Kilometer fuhr ich recht verhalten. Stellte allerdings schon fest, dass Richtungswechsel tendentiell williger verarbeitet wurden als beim Kettenhund.
In der nächsten Ortschaft kündigte ich meinen Willen abzubiegen zunächst mal mit der Hupe an. Was war das denn? Ein Blick auf die Armatur zeigte mir, dass die verspielten Italiener Hupe und Blinker vertauscht hatten. Hupe in der Mitte, Blinker unten. In Italien werden eben Prioritäten gesetzt.
Ich fuhr die gleiche Strecke wie mit der Kawa. Eigentlich die gleiche Strecke wie sonst auch immer. Hausstrecke eben. Man kennt da jede Kurve, weiß vorher schon mit welchem Kurvenspeed man theoretisch in den Winkel stechen könnte und dennoch ist man mit eienm fremden Fahrzeug etwas verhaltener. Die 1000€ Selbstbeteiligung spielen dabei eigentlich eine untergeordnete Rolle, schließlich wären die Kosten beim eigenen Krad in der Regel höher.
Im Vergleich mit dem Kettenhund ging die Tonne deutlich zielgenauer und nicht so "gautschig" durch die Kurven. Sehr direkt. Und nach kurzer Zeit nahm ich die Kurven mit der Tonne fast so wie mit dem gewöhnten Tiger. Das Fahrwerk und die Rückmeldung waren dabei aber wesentlich präziser als mit der Tiger, welche bereits mit einem Wilbers Fahrwerk ausgestattet war. Also vielleicht doch keine Factory? Schließlich ist es nie schlecht, noch Steigerungsmöglichkeiten zu haben.
Mittlerweile war der Motor auch auf einer Temperatur, dass man ihm die Sporen geben konnte. Natürlich nicht zum Begrenzer, aber so bis 8-9tUmin hab ich mich schon getraut. Sagen wir es mal so: Es ist definitiv nicht rekordverdächtig was da in Vortrieb umgesetzt wird. Bis 2500Umin eher unwillig, bis 4000Umin fahrbar, bis 6000Umin Tourentempo und ab da fängt die Sache an Spaß zu machen. Irgendwie eine 600er mit zuviel Hubraum. Dafür aber gesegnet mit einem äußerst ansprechendem Motorengeräusch. Es ist nicht so, dass die Tonno eine lahme Ente ist, aber um zügig voranzukommen braucht es Drehzahl. Und schließlich darf man bis 11tUmin wenn das Ding erst mal eingefahren ist.
Im Hinterkopf hatte ich sicherlich auch noch das unter der Sitzbank liegende Ritzel. Da geht noch was
Im Gegensatz zur Z gibt es beim Thunfisch keine Stotterbremse. Dafür edles Material von Brembo. Da ich seit 20 Jahren diese elektronischen Eingriffe eher selten vermisst habe und schon gar nicht deshalb runtergefallen bin, hab ich diese Edelstopper natürlich auch mal probiert.
Was soll ich sagen? Präzise! Diese Dinger funktionieren einfach so, wie ich das von einer Bremse erwarte. Willig zupackend, heftig reduzierend, exakt zu bedienen. Da hinkt die Kawa deutlich hinterher. Bei dieser ist alles - ausser dem Gas - ein wenig teigig. So auch bei der Bremse. Aber sie kann stottern.
Auch die Tonne bewegte ich 70km. 70km die mich zwischen "HabenWill" und "wenn der Motor nicht wär" schwanken ließen. Der Triumph Triple ist in dieser Beziehung deutlich ausgewogener und auch die Kawa Techniker schienen ihre Hausaufgaben besser gemacht zu haben. Aber dieses Handling...
Auf der anderen Seite... wenn man dem alten Rotax so richtig einschenkte ging da schon was. Vielleicht war ich das einfach nicht gewohnt.
Die Sitzposition wurde in vielen Tests bei der Tuono kritisiert. Der Kniewinkel sei zu spitz, zu sportlich.
Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Für meine 180cm war das exakt passend. Sofort fühlte ich mich auf der Kiste daheim. Bei der Kawa hingegen hatte ich nach 5km bereits einen Krampf im Oberschenkel.
Irgendwie war mir klar, dass die Probefahrt auf der Tuono damit noch nicht beendet sein konnte. Ich musste noch wissen, wie sie sich in der Bergwertung verhält. Wie Kehren genommen werden können, ob die Anti Hopping Kupplung funktioniert.
Wirkt sich die kürzere Übersetzung wirklich positiv aus? Ist dieser dünne Sitz eigentlich tourentauglich?
Die Hoffnung, den Händler davon zu überzeugen, dass er mir die Tonne für einen ausgiebigen Test in den Alpen zur Verfügung stellt, wollte in mir einfach nicht aufkeimen. Aber hätte er es getan, hätte ich sie trotzdem gekauft. Die anderen Alternativen wie Honda und Co wurden gar nicht mehr unter die Lupe genommen.
Der Preis für den Thunfisch war deutlich unter dem Listenpreis und nach kurzen Verhandlungen waren wir uns einig.
Fünf Tage nach der Übergabe durfte ich das erste mal meinen Fischhändler aufsuchen. Der erste Kundendienst war fällig.
Weitere 4 Tage später wurde der Test fortgesetzt und es ging in die Alpen.
Viele Erfahrungen während der Probefahrt konnte ich bestätigen. Das Fahrwerk ist excellent. Gut, der Wolfers hätte bestimmt was zum lästern und würde Umbaumaßnahmen einleiten. Aber nicht weil es nötig ist, sondern einfach seine Art.
Der 190er funktioniert hervorragend, solange die Kurven nicht zu eng sind. Sind sie dies, hat man einen störrischen Esel unter sich, der ums Verrecken nicht ums Eck will. Aber glücklicherweise ist auch ein 180er auf der 6 Zoll Felge freigegeben. Ohne Reifenbindung versteht sich. Auf weiteren Passagen hingegen, zeigte der Thunfisch, dass er eigentlich ein Supersportler mit hohem Lenker ist, dem die Verkleidung geklaut wurde.
Mendel bergab ging es durch die Kehren, dass man glauben konnte, die Schräglage sei lediglich durch die Ohrläppchen begrenzt. Das alles mit einer ausgesprochenen Selbstverständlichkeit. Übermütige Attacken auf den kurzen Geraden konnten die oben genannten Brembos wieder wirkungsvoll in den Griff bekommen und das alles ohne irgendwelche Unruhen in das Fahrwerk zu bringen.
Mittlerweile schon mit dem Sitzbank Ritzel unterwegs, stellte ich fest, dass die Tonne auch von ganz alleine auf die Hinterhand geht beim Gasgeben. So schwach ist der Motor also nicht. Ab 8tUmin wird noch mal ein deutliches Pfund aufgelegt. Irgendwie müssen ja die Testwerte zustande kommen, dass der Tuono auf den ersten Metern alle davon fahren, sie aber zeitgleich über die Linie geht.
Und damit der Lenker dabei nicht dämlich rumzappelt wenn das Vorderrad in der Luft ist, wurde unter der Lampenmaske noch ein Lenkungsdämpfer verbaut.
Allerdings ist auch so die Übersetzung noch recht lang. Eben wegen der Motorcharakteristik, dass unter 4tUmin nicht viel - eigentlich nichts - geht. Kehren im 2.Gang sind nur dann zu machen, wenn sie entweder bergab links oder besonders weit sind. Am besten beides.
Also 1.Gang in Kehren. Und hier findet man so eine AntiHüpfKupplung dann richtig gut. Zwischengas, runter schalten, Kupplung schnalzen lassen. Was bei bisherigen Krädern immer deutliches Mißfallen erzeugte, woraus blockierende Hinterräder, verhagelte Linie und ähnliches resultierte, interessiert den Thunfisch gar nicht. Einfach anbremsen, Zwischengas, Gang reinballern, umlegen und dann -verhalten- im Scheitel wieder feuern.
Zugegeben, es ist deutlich stressiger als mit einem drehmomentstarken Mopped, aber es macht auch Spaß. Zumal im Einser auch tatsächlich was passiert.
Die Sitzposition ist gar nicht übel. Mittlerweile gab es Tagesetappen von knapp über 700km und ich kann danach noch ohne zu Hilfenahme eines Krans absteigen. Dass es derart bequem ist, hätte ich nicht erwartet. Da kann sich so mancher Tourer eine Scheibe abschneiden.
Den störrischen Esel konnte ich wirkungsvoll durch den Einsatz eines 180ers beseitigen. Seitdem fährt sie sich annähernd wie ein Fahrrad.
Die Speedy bin ich inzwischen zwar auch mal gefahren, will sie aber nicht in den Vergleich mit einbeziehen.
Der Motor wirkte zugeschnürt, auf einer Autobahnetappe erreichte ich von 160 auf 3km Vollgas gerade mal 216. Da ist der Tiger spritziger. Und auch das Fahrwerk wirkte inhomogen. Erst unwillig, um dann umso gieriger in die Kurve zu fallen. Alles (Un)Tugenden, welche dem Thunfisch fremd sind. Aber ich denke, ich habe einfach nur ein schlechtes Modell erwischt. Denn so wie mein Vorführer kann kein ständiger Testsieger sein.
Und hier noch ein Test von einem anderen Tester.
Gruss, Floh
Siegen, stürzen oder Defekt vortäuschen - kann ich!
It's not the speed that kills. It's the sudden stop.
Siegen, stürzen oder Defekt vortäuschen - kann ich!
It's not the speed that kills. It's the sudden stop.