Design im Leerlauf

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    • Design im Leerlauf

      Rund oder eckig - damit lassen sich die Moden im Motorrad-Design zusammenfassen. Gewagtere Konzepte haben es schwer bei den Form-konservativen Fahrern, klagen Experten. Nur selten wird ein extravagantes Bike wie der Roller BMW C1 gewürdigt - und dann leider zu spät.

      Wenn ein neues Automodell erscheint, soll es auch neu aussehen. Die Designer geben sich in der Regel alle Mühe, damit der Wagen tatsächlich von der Konkurrenz zu unterscheiden ist. Selbst Laien sollen die Neuheit als solche erkennen. Bei Motorrädern sieht die Sache anders aus. Zwar feilen hier Designer ebenfalls an Details. Im Groben fällt die Unterscheidung zwischen Neu und Alt aber sogar manchem Insider schwer. Denn im Grunde hat das Design auf zwei Rädern in den vergangenen Jahrzehnten keine große Neuerung erlebt.

      Im täglichen Straßenverkehr sind Motorräder für Passanten nur schwer voneinander zu unterscheiden. Da gibt es zum einen jene Maschinen ohne Verkleidung, auf der anderen Seite die mit Verkleidung - und dann noch Cruiser vom Schlage einer Harley-Davidson, die in erster Linie durch ihr Auspuffgeräusch auf sich aufmerksam machen. Steht zum Beispiel ein Sportmotorrad mit Vollverkleidung aus den neunziger Jahren neben einem aktuellen Modell, ist manchmal schon der genaue Blick aufs Detail notwendig, um die Unterschiede zu erkennen.

      Ein Grund für den eher langsamen Fortschritt des Motorraddesigns ist einfach zu finden: "Viele Motorradfahrer sind grundsätzlich im Hinblick auf die Fahrzeuge eher konservativ", meint Ruprecht Müller, Motorradexperte des ADAC-Technikzentrums in Landsberg (Bayern). Die Scheu vor wegweisenden Neuerungen beschränkt sich jedoch nicht nur auf Formen. "Man sieht es auch bei der Technik. Nicht umsonst hat das ABS im Motorrad so lange gebraucht, bis es sich durchsetzen konnte."

      Kleine modische Spielereien

      Was allerdings nicht bedeutet, dass das Motorraddesign völlig auf der Stelle tritt. Vielmehr gibt es immer wieder kleinere Moden, die von Außenstehenden aber eher übersehen werden. "Die Moden äußern sich unter anderem darin, dass mal runde oder mal eckigere Formen vorherrschen", erklärt Michael Lenzen, Sprecher des Bundesverbandes der Motorradfahrer (BVDM) in Mainz. Und so manche Mode ist sogar nur aus der Frontansicht zu erkennen - zum Beispiel, ob gerade mal wieder Rundscheinwerfer, doppelte oder eckige Leuchten angesagt sind. Auch Insider wie Lenzen sagen, dass sie bei manchen Motorrädern trotz solcher modischen Spielereien zwei Mal hinschauen müssen, um festzustellen, um welches Modell es sich tatsächlich handelt.

      Echte Neuheiten bei der Formgebung von Zweirädern sind die Ausnahme - und wenn sie einmal gewagt werden, bedeutet dies nicht immer auch einen Erfolg. "Es gibt schon immer mal wieder neue Konzepte", sagt Ruprecht Müller. "Aber sie setzen sich auf dem Markt meist nicht durch." Müller weist in diesem Zusammenhang auf die Harley-Davidson-Tochter Buell hin: Die habe sich mit ihren extravaganten Fahrzeugen zwar eine treue Fangemeinde erworben, aber nie den ganz großen Zulauf gefunden.

      Ein anderes Beispiel sei Ducati, wo man nach Formexperimenten wieder zu Bewährtem zurückkehrt. Manchmal allerdings wird die Qualität neuer Formen bemerkt - wenn auch nicht selten zu spät. So stieg die Nachfrage nach dem überdachten Roller C1 von BMW laut Müller erst an, als seine Produktion wieder eingestellt worden war.

      Motorrad-Fans werden immer älter

      Im Grunde ist es nach Ansicht der Experten ein ständiger Kreislauf: Die Käufer scheuen Ungewohntes, die Hersteller sind angesichts vergleichsweise kleiner Stückzahlen nicht zu riskanten Manövern bereit. Das Problem dabei ist, dass die Motorradfahrer im Durchschnitt immer älter werden und die Jugend wegen mangelnder Attraktivität des Motorrades nicht nachrückt. Eine Tatsache, der sich auch die Hersteller zuletzt verstärkt bewusst geworden sind: Auf der Motorradmesse Intermot in Köln gab es im vergangenen Herbst einen Designwettbewerb speziell für die jüngere Klientel.

      "Ziel des Wettbewerbes war, einer jungen Gruppe von Menschen Gelegenheit zu geben, ihre Ideen zu präsentieren", erläutert Reiner Brendicke, Hauptgeschäftsführer des Industrie-Verbandes Motorrad (IVM) in Essen. "Das wurde natürlich auch gemacht, um zu sehen, was eine junge Zielgruppe sich im Hinblick auf das Motorraddesign vorstellt." Was die sich vorstellte, war recht deutlich: Kaum einer der gezeigten Entwürfe lehnte sich an bekannte Konzepte an - die traditionelle Raumaufteilung mit Verkleidung, Tank und Sitzbank wurde oft völlig neu interpretiert. Ob so etwas in Zukunft einmal in Serie gebaut werden wird, ist noch unklar. Laut Brendicke haben sich Vertreter der Hersteller die Ideen zumindest interessiert angeschaut.

      Abzuraten ist jedoch davon, dem Motorrad auf eigene Faust ein individuelles Design zu verpassen. Etwaige Umbaumaßnahmen können zwar zunächst die Optik den eigenen Vorstellungen näher bringen. Auf Dauer dürften aber die negativen Folgen überwiegen. "Ich würde von einem kompletten Umbau eines Motorrades abraten", sagt Ruprecht Müller. "Zum einen ist so etwas deutlich teurer geworden - auf der anderen Seite verliert ein individualisiertes Fahrzeug sehr schnell an Wert." Wer dann irgendwann von den Extravaganzen die Nase voll hat, steht zuätzlich vor Problemen: Nicht selten geht ein Umbau so weit, dass eine Rückrüstung in den Originalzustand kaum mehr möglich ist.

      Quelle:spiegel.de