Radarkontrollen österreichischer Gemeinden sind rechtswidrig

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    • Radarkontrollen österreichischer Gemeinden sind rechtswidrig

      Radarkontrollen österreichischer Gemeinden sind rechtswidrig Die Zahl der Geschwindigkeitsmessungen auf Österreichs Straßen ist stark gefallen. Grund ist ein Bescheid der Datenschutzkommission, in dem festgestellt wird, dass die im Auftrag der Gemeinden durchgeführten Radarkontrollen geltendem Recht widersprechen. Der Autofahrer, der den Fall vor die Kommission gebracht hatte, muss seine Strafe aber trotzdem bezahlen. Zahlreichen Gemeinden sind die von der Polizei durchgeführten Geschwindigkeitskontrollen zu wenig. Sie haben daher private Unternehmen beauftragt, Radarkontrollen durchzuführen und gegebenenfalls Anzeige zu erstatten. Damit ist vorerst Schluss.

      Der Grazer Friedrich A. war mit seinem Auto am 15. November 2007 in einer 30-Stundenkilometer-Zone eines steirischen Dorfs mit 56 km/h unterwegs und wurde dabei von einer beauftragten Firma mit einem geeichten Messgerät fotografiert. Die Firma zeigte ihn auftragsgemäß bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung an, welche ein Strafverfahren einleitete. A. beschwerte sich wegen der Verwendung (Ermittlung, Speicherung und Übermittlung) seiner Daten durch die Gemeinde sowie wegen der Verarbeitung (Speicherung, Verknüpfung) der Daten durch die Bezirkshauptmannschaft bei der österreichischen Datenschutzkommission (DSK).

      Im kürzlich veröffentlichten Bescheid (Geschäftszahl K121.359/0016-DSK/2008) hält diese nun fest, dass "durch das digitale Fotografieren des (Fahrzeugs), die folgende Bild- und Messdatenspeicherung sowie die automationsunterstützte Übermittlung dieser Daten" die Gemeinde A. in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt hat. Denn der einzige Sinn der Datenermittlung liege darin, die hinter den Kennzeichen stehenden Personen (Kraftfahrzeughalter) zu identifizieren. "Die beschwerdegegenständliche Radaraufzeichnung von Kraftfahrzeug-Kennzeichen ist daher eine Ermittlung von Daten über Personen, deren Identifikation – und Bestrafung – Zweck der Datenermittlung und -verarbeitung ist", so die DSK.

      Die Gemeinde war dafür ein Auftraggeber aus dem öffentlichen Bereich. Allerdings sind Gemeinden nicht für die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften zuständig. Dies ist den Bezirksverwaltungsbehörden vorbehalten. "Daraus folgt gemäß Paragraph 7 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000, dass schon die Datenverarbeitung für den Zweck (...) der automatischen Geschwindigkeitsüberwachung mangels einer gesetzlichen Zuständigkeit oder rechtlichen Befugnis (...) nicht erfolgen hätte dürfen", führt die DSK aus. Auch die Übermittlung der Daten an die zuständige Behörde sei unrechtmäßig.

      Die Ausübung von Hoheitsgewalt bedürfe stets einer gesetzlichen Grundlage. "Gerade der Schutz der Grund- und Freiheitsrechte verbietet ausnahmslos ein Abgehen von dieser verfassungsrechtlichen Voraussetzung. Es obliegt daher dem Gesetzgeber, entsprechende Zuständigkeiten für Gemeinden im Verkehrsüberwachungsbereich zu schaffen, wenn er von deren sachlicher Rechtfertigung überzeugt ist."

      Die Bezirksverwaltungsbehörde verfüge im Gegensatz zur Gemeinde jedoch sehr wohl über die gesetzliche Zuständigkeit und die rechtliche Befugnis, A.s Daten für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahren zu verarbeiten. Da es kein Beweismittelverbot für rechtswidrig erhobene und übermittelte Beweise gibt, darf die Bezirkshauptmannschaft die Daten verarbeiten. A. muss die Strafe demnach bezahlen. Die konservative Autofahrerlobby ÖAMTC meint jedoch, dass A. die Frage der Zulässigkeit des illegal angefertigten Fotos als Beweismittel dem Verfassungsgerichtshof zur Klärung vorlegen könnte.

      Die österreichischen Gemeinden dürften sich der von der DSK festgestellten Rechtslage fügen und die beauftragen Firmen anweisen, die Geschwindigkeitskontrollen einzustellen. Es gibt jedoch mehrere Wege, die Radarmessungen wieder zu ermöglichen: eine Gesetzesänderung, eine Verordnung der jeweiligen Landesregierung (gemäß Paragraph 94c StVO) oder eine Beauftragung der Messfirmen direkt durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde anstatt durch die einzelnen Gemeinden.

      In einigen größeren Gemeinden darf jedoch nach wie vor geblitzt werden. Nämlich in solchen, die eigene Gemeindewachkörper mit verkehrspolizeilichen Kompetenzen eingerichtet haben, sowie in Städten mit eigenem Statut. Dort fungiert nämlich der Bürgermeister als Bezirksverwaltungsbehörde. (Daniel AJ Sokolov) / (akr/c't)